Thomas steht in der Garage an seiner Werkbank und kocht vor Wut. Er möchte am liebsten eine Hammer nehmen und etwas zerschlagen. „Das ist doch zum Kotzen!“ wütet es in ihm. Gleichzeitig spürt er Traurigkeit.
In der Küche steht Helga und weint bitterlich. Sie möchte weglaufen, alles hinschmeißen – auf Thomas einschlagen… doch sie atmet tief und nimmt an, dass wieder passiert ist, was nicht mehr passieren „sollte“.
Wie kam es zu diesem Streit?
Thomas kam von der Arbeit nach Hause. Er begrüßte Helga flüchtig und fragte: „Du Schatz, heute Abend ist ein zusätzliches Training. Es ist schon ok, wenn ich hingehe, stimmt’s?“ Noch bevor Helga antworten kann, huscht Thomas ins Schlafzimmer, um seine Sporttasche zu packen.
Helga fühlt sich wie eine gestopfte Weihnachtsgans. Sie kennt dieses fürchterliche Gefühl. Ihr kommen die Tränen. Doch sie weint nicht. Sie reißt sich zusammen und geht zu Thomas. „Thomas, mir ist heute schon den ganzen Tag nicht gut. Sophie muss zum…“ „So ein Scheiß. Wieso gönnst Du mir nicht mein Training? Ich bin ständig für Euch alle da. Ich mache alles, was ihr wollt. Und nie ist es genug, das stinkt mir. Das stinkt mir gewaltig!“ wütend schmeißt Thomas sein T-Shirt aufs Bett, stemmt die Hände in die Hüften und funkelt Helga böse an.
„Es hat doch gar nichts damit zu tun, dass ich dir etwas nicht gönne. Es ist doch nur so, dass ich dir sagen, wollte, wie es mir geht.“ entgegnet Helga enttäuscht und ratlos. Sie erinnert sich, dass sie ähnliche Situationen schon oft hatten.
Schauen wir mal genauer hin…
So ging es Thomas
Thomas hatte einen anstrengenden Arbeitstag. Es lief nicht alles so, wie er es gern gehabt hätte. Das hat ihn genervt. Dann kam der Anruf eines Sportkumpels. Genau das brauchte Thomas: Training – er wollte sich auspowern. Mit anderen Männern beisammen sein. Nichts denken müssen. Nichts klären müssen. Einfach nur zusammen sein, Spaß haben und zum Schluss ein Feierabendbier trinken. Thomas Laune wurde sofort besser. Er sagte zu.
Wie war Helgas Tag?
Helga fühlte sich schon am Morgen nicht gut. Sie hatte Kopfschmerzen, und ihr war schlecht. Sie quälte sich durch den Tag. Fuhr Thomas Mutter zum Arzt. Wartete dort eine Ewigkeit, weil die Praxis so voll war, und wollte am liebsten ins Bett. Ihr Pflichtgefühl hat sie angetrieben, andere wichtiger zu nehmen als ihr Bedürfnis nach Ruhe.
Sophie brachte nach der Schule eine Freundin mit nach Hause. Die beiden Mädchen hatten einen Bärenhunger. Also kochte Helga Spaghetti Bolognese. Nach dem Essen und den Hausaufgaben wollten Sophie und Lena malen. Sie hatten viel Spaß dabei. Helga ging das Lachen auf die Nerven. Sie wollte Ruhe. Doch sie konnte sich nicht einfach hinlegen. Also bügelte sie und schaute ständig auf die Uhr. Sie wartete auf Thomas. Sie könnte sich endlich hinlegen, wenn er da wäre.
Zwei Menschen, unterschiedliche Empfindungen – eine Lösung?
Thomas hat gar nicht an Helga gedacht. Nicht aus böser Absicht. Er war einfach so dankbar, am Abend trainieren zu können. Als Helga ihn dann „bremste“, spürte Thomas sofort, dass es nicht so gut war, was er gemacht hat. Doch das konnte er nicht sagen. Das Gefühl, begrenzt zu werden war stärker. Also kämpfte Thomas…
Gegen Helga – die ihn scheinbar begrenzte und auch gegen sich selbs… denn ein zarter Teil in ihm hätte die Situation gerne anders eingefädelt.
Helga ist den ganzen Tag über ihre Grenzen gegangen – hat sich nicht wichtig genommen. Sie hat ihr Bedürfnis nach Ruhe ignoriert. Ihr Anspruch, es allen recht zu machen, hat sie angetrieben. Sie hat sich zusammengerissen. Und als Thomas dann endlich da war, wollte sie die Verantwortung „für alles“ abgeben. Sie hat gar nicht daran gedacht, dass Thomas auch einen prall gefüllten Tag gehabt hatte.
Gibt es einen Sieger dieser Geschichte?
Ja, die Liebe. Thomas & Helga haben sich daran erinnert, dass in der Vergangenheit stets Missverständnisse zu Streitereien geführt haben. Sie haben sich nicht zurückgezogen. Sie sind aufeinander zugegangen. Jeder hat seine Empfindungen erklärt. So konnte Mitgefühl für den anderen entstehen. Thomas hat Helga genauso verstanden wie Helga Thomas.
Nach dem Klärungsgespräch hatten beide das Bedürfnis in die Natur zu gehen. Beide fühlten sich…
- wund und verletzt…
- auch erschöpft…
- wie nach einem Kampf…
- und auch gleichzeitig gut…
- sie sind sogar stolz…
- jeder auf sich…
- denn sie haben sich durchgekämpft…
so lange, bis sie wieder die Liebe gespürt haben, die sie verbindet ♥